Im Verlauf der 80er Jahre treten wichtige historische Veränderungen in Erscheinung. Die Hoffnung auf immerwährenden Wohlstand wird dauerhaft durch das Bewusstsein der Krise ersetzt.
In der heutigen City West, in der nur noch weniges an die Geschichte des einstigen Industriestandortes Bockenheim erinnert, dominieren die Firmen der Dienstleistungsgesellschaft. Der Bau von Wohnungen an der Voltastraße, die für eine gehobene Käuferschicht gedacht sind, entfaltet nicht die erhoffte Attraktivität. Das ehemalige Industriegelände von Hartmann & Braun, das mit seiner der Gräfstrasse zugekehrten Front tief in das Viertel hineinreichte, ist einem modern gestalteten Wohn- und Bürogelände und einem großzügig angelegten Platz gewichen. Dieser Ort heißt jetzt Alvearium.
Zu den Denkmälern des Industriezeitalters gehört das Bockenheimer Depot, das bis 2004 als Spielort für Theater- und Opernaufführungen Anklang findet.
Als Zeichen des Neuen ist diesseits der Bahnlinie das Ökohaus erbaut worden, das von unterschiedlichen Organisationen, die ökologisch und bürgernah engagiert sind, genutzt wird.
Der Universitätscampus an der Bockenheimer Warte, der früher geistes- und naturwissenschaftliche Fakultäten in nächster Nachbarschaft beherbergte, gibt viel von seiner Bedeutung an andere Orte im Einzugsbereich der Stadt ab. Schon vor Jahren sind die Naturwissenschaften an den Niederurseler Hang gezogen, die geisteswissenschaftlichen Fachbereiche haben im beispielhaft renovierten Poelzigbau des Grüneburg Parks ein Zuhause gefunden. In den kommenden Jahren werden die noch verbliebene juristische Fakultät und die Wirtschaftsfakultät in andere Stadtteile umziehen.
Inzwischen liegt ein Rahmenplan zur Neuentwicklung des Campus Bockenheim vor. Geplant sind auf dem mehr als 16 Hektar großen Areal ein Geschäfts-, Büro- und Wohnviertel mit Blockbauten, einer grünen Allee sowie kleinen und größeren Hochhäusern. Der Wohnanteil an der bebauten Fläche soll mindestens 30% betragen.
Der Leipziger Strasse mit ihren Einzelhandelsgeschäften, den multikulturellen Lokalen und der Ladengalerie mangelt es an entsprechendem Zulauf. Die Schließung des Kaufhofs wie das ‚Sterben’ vieler alteingesessener Einzelhandelsgeschäfte spiegelt die lang anhaltende Krise und die mangelnde Kaufkraft der Bockenheimer Bevölkerung. An ihrer Stelle entstehen neue Läden, die sich dem Wandel der Konsumbedürfnisse und des Käuferverhaltens anzupassen versuchen.
Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Stadtteils wirft viele Fragen für seine Zukunft auf: Welche Veränderungen wird der Abzug der Universität dem Stadtviertel bringen? Wird die anzutreffende immer noch recht hohe Lebensqualität erhalten bleiben?
Wird das soziale Klima in diesem von vielfältigen Bevölkerungsgruppen besiedelten Stadtteil trotz seiner Konfliktpotentiale seine positive Grundtendenz halten können?
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